Store Check als Baustein eines integrierten Store Managements.

Der Handel als MarkeVon Jörg Kohlbacher, Dr. Nicolai Egloff


Der Ausgangspunkt

Die bereits seit einigen Jahren andauernde Krise des Einzelhandels hat neben vielen Verlierern auch eine ganze Reihe an Gewinnern hervorgebracht. Was aber zeichnet diese Unternehmen aus, die in einem schwachen Markt expandieren und von Jahr zu Jahr neue Erfolgsstorys schreiben? Ein ganz wesentlicher Aspekt ist sicherlich, dass diese Unternehmen sich nicht darauf beschränken, Markenartikel zu vertreiben, sondern es geschafft haben, auf dem Markt selbst als Marke anerkannt zu werden.

So wie es das generische Versprechen jeder »Marke« ist, immer und überall die gleiche Qualität zu bieten, ist für diese Einzelhandelsunternehmen der (weltweit) vereinheitlichte (nicht absolut gleiche) Auftritt seiner Outlets wichtig. Auch unser Auftraggeber, ein technikorientierter Einzelhändler, orientiert die Ausrichtung seiner bundesweiten Outlets seit einigen Jahren an diesem »Erfolgsprinzip«.

Nur stellt sich die Vereinheitlichung einer technisch orientierten Handelskette ungleich komplexer dar als die Vereinheitlichung eines FMCG zur Marke.

Denn während beim Produkt das Markenversprechen keine Unterschiede in der Person kennt und hier wirklich jeder das gleiche Produkt erhält, besteht der Spagat bei unserem Klienten ja gerade darin, ein Maximum an Vereinheitlichung im Auftritt mit einer völlig individualisierten Beratungs- und Problemlösungsstrategie zu vereinen. Hier will jeder Kunde etwas anderes und das überall in gleicher Qualität.

Die Beratungsqualität ist sicherlich ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, langfristig mit Qualitätsprodukten auf dem Markt erfolgreich zu sein. Für die Generierung eines »Markenimage« ist es aber zentral, dem Kunden das Gefühl zu geben, in allen Outlets des Unternehmens zu jeder Zeit für sein Anliegen optimal aufgehoben zu sein. Da die Wahrnehmung von Beratungsqualität (sei sie noch so hoch) eine stark subjektive Komponente enthält, kann diese nicht immer als zuverlässige Basis für das notwendige Vertrauen des Kunden in die Leistungen des Unternehmens dienen.

Was also schenkt den Verbrauchern dieses Vertrauen in die immer gleich bleibende Qualität, die den Kern jeder Marke ausmacht? Essentiell hierfür ist die oben angesprochene Vereinheitlichung des Auftritts am Markt, damit der Kunde sich sofort »zu Hause« fühlt, wenn er ein Outlet des Unternehmens betritt. Um die Vereinheitlichung des Auftritts zu gewährleisten, hat unser Auftraggeber zunächst ein umfassendes Konzept der Qualitätssicherung entwickelt. Die Umsetzung dieses Konzeptes in die Praxis wird durch ein regelmäßiges Monitoring überprüft, dessen zentraler Bestandteil verschiedene Marktforschungsprojekte sind. Wir möchten im Folgenden zunächst das Konzept kurz vorstellen und danach den Beitrag der Marktforschung näher beschreiben.

 

Das Konzept

Storemanagement im Überblick

Storemanagement im Überblick

Vor einigen Jahren fiel die Entscheidung zur Neupositionierung der Outlets. Erklärtes Ziel dieser Maßnahme war die Vereinheitlichung des Marktauftritts auf höchstem Niveau. Dem Kunden soll in einem angenehmen und zugleich professionellen Ambiente vermittelt werden, dass er in dem Unternehmen seinen kompetenten und innovativen Anbieter, Problemlöser und Geschäftspartner findet.

Um diesen Anspruch einlösen zu können, wurden, unter Einbeziehung von Vertretern aller beteiligten Unternehmensebenen, einheitliche Qualitätsstandards entwickelt und in einem entsprechenden Handbuch festgehalten. Ein professionelles Store Management dient der Umsetzung wie auch der Überprüfung des Erfolgs der beschlossenen Maßnahmen. Damit soll nicht nur der homogene Auftritt der Outlets am Markt, sondern zugleich eine verbesserte Transparenz und damit Steuerbarkeit der Organisation sichergestellt werden.

Dabei versteht sich das Store Management nicht als "Einbahnstraße". Das Unternehmen war sich bei der Ausarbeitung der Standards bewusst, dass die Zufriedenheit der Kunden, und damit langfristig auch die Kundenbindung, nur dann gesteigert werden kann, wenn sich die Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter ebenfalls auf hohem Niveau bewegen.

Der ganzheitliche Ansatz des Store Managements spiegelt sich in der Fokussierung des Konzepts auf drei Teilbereiche wider, in denen die Maßnahmen mit ähnlicher Stoßrichtung gebündelt werden.

  1. Der »Vertriebliche Auftritt« umfasst wesentlich die (äußere und innere) Gestaltung der Outlets, die Platzierung der Produkte sowie die technische Ausstattung und das Erscheinungsbild des Verkaufspersonals.
  2. Die "Abläufe im Outlet" regeln die internen Prozesse, mit denen die Kunden zwar nicht unmittelbar in Berührung kommen, die aber für eine effiziente Organisation des Outlets eine wichtige Rolle spielen.
  3. Die »Fachlichen Anforderungen« betreffen vor allem die Qualifikation und Schulung der Mitarbeiter sowie die Umsetzung des von der Struktur her standardisierten Beratungs- und Verkaufsprozesses in der Praxis.


Mit der Einführung des Store Managements ist zugleich ein umfassendes und regelmäßiges Monitoring - als Vollerhebung aller Outlets - etabliert worden. Die Aufgabe ist es dabei, den Erfolg der umgesetzten Maßnahmen zu messen und die Ergebnisse in einer Form aufzubereiten, die eine zeitnahe Einleitung von Verbesserungsmaßnahmen erlaubt.

 

Das Monitoring

Monitoring im Überblick

Monitoring im Überblick

Da die Marktforschungsaktivitäten von Anfang an als integraler Bestandteil des Store Managements geplant waren, ist es klar, dass die eingesetzten Instrumente eng an den oben definierten Zielen der Neuorganisation der Outlets orientiert sind. Die Herausforderung bestand somit darin, für jeden der drei Bereiche die optimale Methode zu bestimmen.

Für die Überprüfung der Einhaltung der fachlichen Anforderungen wird das Instrument des Mystery Shopping erfolgreich genutzt. Alle Outlets des Unternehmens werden regelmäßig mit verschiedenen Szenarien von speziell geschulten Testkäufern besucht, um eine gleich bleibend hohe Qualität der Beratung, aber natürlich auch eine erfolgsorientierte Verkaufsstrategie sicher zu stellen. Bestandteil des Mystery Shopping ist immer auch ein Eindruck des vertrieblichen Auftritts, wie er sich aus Sicht des (Test)Kunden darstellt.

Allerdings ist der Testkundenblick, der ja immer unauffällig und verdeckt erfolgen muss, natürlich nicht ausreichend, um die Einhaltung der Vorgaben in Bezug auf den vertrieblichen Auftritt im Detail überprüfen zu können. Hier kommt der Store Check ins Spiel, der ja genau für diesen Einsatzzweck methodisch als »offene« Beobachtung konzipiert ist. Der Store Checker, der sich gegenüber den Mitarbeitern auch als solcher legitimiert ausweisen kann, ist in der Lage, eine exakte Messung der Übereinstimmung von Vorgaben und Umsetzung vor Ort vorzunehmen.

Aber auch der Store Checker stößt auf Grenzen, wenn es darum geht, sicherheitsrelevante oder aus anderen Gründen vertrauliche Bereiche zu überprüfen. Die Einhaltung dieser Vorgaben hinsichtlich der Betriebsabläufe im Outlet ist aber ein wichtiger Bestandteil des Store Managements. Wir haben daher, in enger Zusammenarbeit mit unserem Auftraggeber, neben dem klassischen »externen« Store Check, als zweites Instrument, den »internen« Store Check etabliert.

Der externe Store Check umfasst den gesamten vertrieblichen Auftritt der Outlets und wird durch speziell geschulte Interviewer durchgeführt. Zur "Überprüfung" des vertrieblichen Auftritts zählen Gestaltungselemente (von der Außenfernkennzeichnung bis zur inhaltlichen Ladengestaltung), die Präsentation und Auszeichnung des Warensortiments, die technische Ausstattung und verschiedene Komfortmerkmale (Sauberkeit, Erscheinungsbild der Mitarbeiter, Welcome Management etc.). Der interne Store Check (durchgeführt von eigenem Personal mit entsprechenden Schulungen und von uns entwickelten Fragebögen) überprüft ebenfalls den vertrieblichen Auftritt, darüber hinaus aber zusätzlich die Einhaltung der internen Regelungen (Lager, Sicherheit, Kasse, Dokumentationen etc.).

Externer und interner Store Check werden jeweils zweimal jährlich als Vollerhebung aller Outlets des Auftraggebers durchgeführt. Dadurch ergeben sich für den vertrieblichen Auftritt pro Jahr insgesamt 4 Messungen, die Einhaltung der internen Abläufe und Regelungen wird zweimal im Jahr überprüft.

Die Vorgehensweise, dass der externe Storecheck durch Interviewer und der interne Storecheck durch eigenes Personal durchgeführt wird, ist aus inhaltlichen Gründen zwingend erforderlich, wirft aber einige methodische Fragen auf. Um die Qualität der Ergebnisse sicherzustellen, wurde daher eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die hier nicht im Einzelnen thematisiert werden sollen. Nur soviel: Da der vertriebliche Auftritt in beiden Untersuchungen mit nahezu identischen Fragestellungen erhoben wird, bietet sich hier ein guter Ansatzpunkt, den Interviewereffekt zu kontrollieren.

Die internen Store Checks haben zusätzlich noch einen wichtigen Nebeneffekt: Dadurch, dass die Mitarbeiter des Auftraggebers selbst in den Prozess der Datenerhebung einbezogen sind, können auf dieser Seite sowohl das Engagement als auch das Verständnis für die Ziele der Untersuchung deutlich gesteigert werden. Der Wert dieser Komponente ist, auch im Hinblick auf die spätere Umsetzung der Ergebnisse, die ja von den Mitarbeitern getragen werden soll, kaum hoch genug einzuschätzen.

Um den hochgesteckten Zielen des Store Managements gerecht werden zu können, bewegt sich der Store Check permanent im »Spagat« zwischen dem großen Umfang der zu überprüfenden Variablen und der geforderten Exaktheit der Ergebnisse. Daher ist es besonders wichtig, dass die Interviewer für den externen Store Check, die im Gegensatz zu den Mitarbeitern des Auftraggebers mit der Materie selbst nicht so vertraut sind, intensiv für ihren Einsatz geschult werden. Dies geschieht vor jeder neuen Welle auf einer zentralen Schulung aller beteiligten Interviewer, an der auch Vertreter des Auftraggebers als Experten teilnehmen.

Auf der Schulung werden die Interviewer mit allen Details des Fragebogens vertraut gemacht. Auch eine noch so exakte schriftliche Formulierung der zu überprüfenden Items kann die Diskussion, was genau anzukreuzen ist, wenn der Fall XY vorliegt, nicht ersetzen. Da die Interviewer während des Store Checks in der Regel von einem Mitarbeiter des Outlets begleitet werden, stellt jegliche Unsicherheit auf Seiten des Store Checkers sofort die Akzeptanz der Ergebnisse durch den besuchten Shop und damit die Untersuchung als Ganze in Frage.

Die Interviewer müssen also so gut geschult sein, dass sie einerseits die Sprache des Auftraggebers sprechen und andererseits als unabhängige Experten in Sachen Datenerhebung auftreten können. Dabei sind neben der fachlichen Kompetenz auch das äußere Erscheinungsbild und das persönliche Auftreten von hoher Bedeutung. Um dies alles sicherzustellen, haben wir das Instrument der schriftlichen Nachbefragung etabliert. Die Interviewer hinterlassen bei demjenigen Mitarbeiter, der sie beim Rundgang durch das Outlet begleitet hat, eine kurzen Fragebogen. Der Mitarbeiter füllt den Fragebogen unmittelbar nachdem der Store Checker den Shop verlassen hat aus. Dieser enthält, neben einer Gesamtbeurteilung der Leistung des Store Checkers, auch Fragen zu verschiedenen Detailaspekten wie z.B. der Freundlichkeit, der Kompetenz, der Sorgfältigkeit und nicht zuletzt der Bereitschaft, sich ausreichend Zeit für den Store Check zu nehmen.

Auch die Nachbefragung hat einen methodischen und einen »politischen« Zweck. Zum einen kann sie auf bestehende Defizite bei den eingesetzten Interviewern (bzw. bei deren Schulung) hinweisen, zum anderen erhöht sie die Glaubwürdigkeit und damit letztlich die Akzeptanz der Ergebnisse. In dem Fall, dass "unerwünschte" (weil schlechte) Ergebnisse mit dem Argument angezweifelt werden, der Store Checker habe nicht den gestellten Anforderungen entsprochen, kann dies mit einem Blick auf die Ergebnisse der Nachbefragung eventuell bereits relativiert werden.

Ablauf der Schulung

Ablauf der Schulung

 

Die Kommunikation

Die »Brisanz« der Datenerhebungssituation ergibt sich aus dem Stellenwert, den die Marktforschungsergebnisse für das Store Management besitzen. Aus den Rohdaten werden, auf der Grundlage einer relativ komplexen Arithmetik, Kennziffern berechnet, die direkt in die entsprechenden Management-Informationssysteme des Auftraggebers einfließen. Auch die einzelnen Shops erhalten ihre Kennziffern in kompakter Form. Zudem bekommen sie die Detailergebnisse ihres Store Checks, die über eine Serienbrieffunktion in eine kompakt aufbereitete Version des Fragebogens eingespielt werden. Dadurch entsteht sowohl auf der Ebene des Managements als auch auf Seiten der Mitarbeiter jederzeit ein transparentes Bild davon, wie die Vorgaben des Store Managements in der Fläche umgesetzt werden.

Somit findet eine Kontrolle keineswegs nur von »oben« nach »unten« statt. Die Verantwortung für Versäumnisse bei der Vereinheitlichung des Auftritts oder der Einhaltung interner Regelungen wird nicht per se bei den Mitarbeitern vor Ort gesehen. Im Gegenteil: Zeigen die Ergebnisse eine Häufung "unerwünschter" Ereignisse in bestimmten Bereichen oder Regionen, so wird dies als Indiz interpretiert, dass entweder die Vorgaben selbst mit der Realität in den Shops nicht in Einklang zu bringen sind oder Probleme bei der Logistik bzw. der Kommunikation von Maßnahmen aufgetreten sind.

Die Ergebnisse des Monitoring werden aber nicht nur interpretiert, sondern es wird in der Praxis intensiv damit gearbeitet. So finden z.B. auf der Ebene der Regionen verschiedene Workshops statt, bei denen die Regionalverantwortlichen mit den Leitern der dazugehörigen Outlets die Ergebnisse im Einzelnen analysieren und bei negativen Resultaten entsprechende Commitments für die Verbesserung der kritisierten Punkte formulieren. Eine Ebene höher werden die Ergebnisse von den Projektleitern des Monitoring regelmäßig auf der Tagung der Regionalleiter mit der Führungsebene der Zentrale vorgestellt und diskutiert. Diese gehen dann direkt in die Ausgestaltung neuer Zielvereinbarungen ein.

 

Fazit

Der Weg zur Marke ist für den Handel ungleich schwerer als für das FMCG produzierende Gewerbe. Hier geht es nicht nur darum, ein einzelnes Produkt (bzw. eine Produktfamilie) erfolgreich am Markt zu platzieren und zu pflegen. Will der Handel selbst zur Marke werden, muss er eine Vielzahl von Variablen kontrollieren, die das Markenerlebnis der Kunden beeinflussen. Dazu gehören, neben den Produkten und Dienstleistungen, vor allem der Marktauftritt des Unternehmens, die Prozesse und Abläufe in den Outlets sowie die dort gebotene Servicequalität.

Um das Markenversprechen (gleich bleibende Qualität auf hohem Niveau) einlösen zu können, bedarf es sowohl eines strategischen Konzepts als auch dessen konsequenter Umsetzung in der Fläche. Ob die Umsetzung gelungen ist oder ob zusätzliche Anstrengungen notwendig sind, zeigen (unter anderem) die Ergebnisse der Marktforschung. Hierfür ist der Store Check eines der wichtigsten Tools.

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Planung & Analyse, 04.2004
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